Anzeige

Niederösterreich. In Niederösterreich leiden knapp 58.000 Menschen an Blindheit oder sind sehbehindert. In Österreich sind 3,4% also rund 300.000 blind oder sehbehindert. Darunter zählen etwa 3000 Blinde, 101.000 hochgradige, 146.000 mittlere und 48.000 leicht sehbehinderte Menschen. Weltweit sind schätzungsweise 43 Millionen Menschen blind und 295 Millionen sehbehindert.

Auch dieser Bevölkerungsgruppe widmet sich die Glaubensgemeinschaft von Jehovas Zeugen. So werden 2022 zum dritten Mal in Folge für die traditionellen Sommerkongresse, die aufgrund der Pandemie wieder online durchgeführt werden, Audiodeskriptionen zur Verfügung gestellt (in Deutsch zum zweiten Mal). Videos mit Audiodeskriptionen bieten akustische Bildbeschreibungen und werden vor allem von blinden oder sehbehinderten Menschen genutzt.

Seit zwei Jahren können blinde und sehbehinderte Menschen bei Kongressen Audiodeskriptionen nutzen Foto: © jw.org

Das zuständige Team wurde in einem Onlineseminar geschult, ansprechende Audiodeskriptionen zu erstellen. Wenn sich das Team einen Kongressteil vornimmt, hört es sich zuerst das Video an, ohne es sich anzusehen. Damit wird die Erfahrung eines Blinden oder Sehbehinderten nachempfunden. Jedes Teammitglied notiert seine ersten Eindrücke. Dann spielt das Team das Video erneut ab und achtet auf die Pausen zwischen den Dialogen, weil die Audiodeskriptionen an diesen Stellen eingefügt werden.

Bildbeschreibungen zu formulieren, die zwischen die Dialoge passen, stellt eine besondere Herausforderung dar. Michael Millen, der bei Jehovas Zeugen im Team Audiodeskription arbeitet, sagt: „Da wir nur begrenzt Platz haben, müssen wir entscheiden, welche Informationen am wichtigsten sind, um das Video zu verstehen. Wir versuchen Ort, Zeit, Akteure und Handlungen zu vermitteln.“

Das Team darf keine eigene Interpretation in die Bildbeschreibung einfließen lassen. In seinem Buch The Visual Made Verbal empfiehlt Dr. Snyder den Audiodeskriptoren: „Geben Sie den Hörern Raum für eigene Interpretationen, indem Sie die Beschreibungen so objektiv wie möglich formulieren. Man sagt also nicht ‚er ist wütend‘ oder ‚sie ist traurig‘, sondern besser ‚er ballt die Faust‘ oder ‚sie weint‘.“

Nachdem das Skript geschrieben ist, werden die Audiodeskriptionen von einem Sprecher gelesen und aufgenommen. Der Sprecher sollte in einem neutralen Tonfall lesen. Michael Millen erklärt: „Der Sprecher darf nicht mit den Akteuren im Video konkurrieren. Klingt er zu enthusiastisch oder emotional, könnte der Hörer ihn für einen weiteren Akteur im Video halten.“

Die Tontechniker nehmen letzte Änderungen vor und schließlich wird allen Zweigen ein Übersetzungspaket zur Verfügung gestellt, damit sie die Audiodeskriptionen in andere Sprachen übersetzen und aufnehmen können. Wie Michael Millen erzählt, hat das Team für die vollständige Bearbeitung der Videos der letzten beiden regionalen Kongresse etwa drei Stunden pro Minute Videomaterial benötigt.

Derzeit übersetzen Jehovas Zeugen biblische Veröffentlichungen in über 1000 Sprachen. Audiodeskriptionen sind in dieser Statistik zwar nicht enthalten, werden aber von manchen als eigene Sprache betrachtet. „Audiodeskriptionen sind wie eine Übersetzung für Blinde“, sagt Michael Millen. „Die Bildsprache eines Videos wird hörbar gemacht.“

Betroffene weltweit reagieren mit großer Dankbarkeit und Begeisterung. Herr Odadiah Jonathan, ein Zeuge Jehovas aus Indien, erzählt: „Ich kann kaum in Worte fassen, wie glücklich ich war. Die Dramen (biblische Theater- oder Bühnenstücke, Anm.) mit den Audiodeskriptionen in Tamil zu hören, war wirklich ein historischer Moment für meine blinden Freunde und mich. … Zum ersten Mal konnte ich mir alle Szenen dieser Videos richtig vorstellen.“

Weitere Worte der Dankbarkeit finden Sie unter:
https://www.jw.org/de/nachrichten/jw/region/welt/Audiodeskriptionen-für-regionale-Kongresse-Blinde-und-Sehbehinderte-hören-jetzt-mehr/

Anzeige