Jehovas Zeugen üben ihren Glauben seit über 100 Jahren in Russland friedlich aus. Dies konnten sie 74 Jahre nicht ungehindert tun, bis sie 1991 von der damaligen Regierung der Sowjetunion als anerkannte Religionsgemeinschaft registriert wurden. Vor fünf Jahren, am 20. April 2017 kriminalisierte der Oberste Gerichthof Russlands die Organisation von Jehovas Zeugen und erklärte ihre Aktivitäten für extremistisch. Welche Auswirkungen hat dieses Verbot für Jehovas Zeugen in Russland?
Seitdem wurden etwa 400 Gotteshäuser und Verwaltungsgebäude geschlossen. Die russischen Behörden gehen jedes Jahr massiver gegen Jehovas Zeugen vor – bisher wurden mehr als 1.740 Wohnungen durchsucht. Über 320 aktive Mitglieder wurden inhaftiert, zurzeit befinden sich 88 Frauen und Männer im Gefängnis. Auch die Verfolgung durch sogenannte „Sicherheitsbeamte“ wird brutaler – es kommt immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen und Folter.
Besonders beunruhigend ist der Umstand, dass die Urteile härter werden. Die 70-jährige Valentina ist die älteste Zeugin im Gefängnis, die 57-jährige Anna erhielt die längste Haftstrafe im Ausmaß von sechs Jahren. Über vier männliche Zeugen Jehovas wurden sogar Haftstrafe von acht Jahren verhängt. 450 aktive Mitglieder stehen unter ständiger Beobachtung.
Die Vorgehensweise Russlands hat zu einem internationalen Aufschrei verschiedener Menschrechtsorganisationen geführt. Nataliya Prilutskaya, Russlandforscherin bei Amnesty International, resümierte zum Beispiel kürzlich über die verfolgten Zeugen Jehovas: „Über ihre Geschichten muss außerhalb Russlands auf breiterer Ebene berichtet werden: in den Sitzungssälen der Parlamente und internationalen Organisationen, auf Fernseh- und Filmleinwänden, in den Medien und auf Buchseiten. Teilen Sie ihre Geschichten mit Ihrer Familie und Ihren Freunden, ziehen Sie sie mit Ihrem lokalen Politiker auf, schreiben Sie in Ihren sozialen Medien über sie – all dies könnte dazu beitragen, die Gerechtigkeit wiederherzustellen und die Strafverfolgung von Jehovas Zeugen in Russland zu stoppen.“
Jehovas Zeugen machen bereits seit Jahren auf die besorgniserregenden Entwicklungen der Menschenrechte in Russland und die internationalen Auswirkungen aufmerksam. Leider ist der mediale Anklang hierzulande bisher gering ausgefallen.
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