Helmut Schwarzl, Obmann der Sparte Industrie der WKNÖ, CAG Holding-Geschäftsführer Georg Feith und Herwig W. Schneider vom Industriewissenschaftlichen Institut (v. l.) informierten über Herausforderungen für niederösterreichische Industriebetriebe.
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Druckfrische Studie belegt immense volkswirtschaftliche Bedeutung der energieintensiven Industrie Niederösterreichs, Betriebe stöhnen unter explodierenden Energiepreisen. Helmut Schwarzl, Obmann der Sparte Industrie der WKNÖ, fordert rasche Hilfsmaßnahmen.

„Die energieintensive Industrie ist ein wesentliches Kernstück des niederösterreichischen Wirtschaftsstandortes. Mehr als 55.000 Arbeitsplätze und eine Wirtschaftskraft von sechs Milliarden Euro hängen im Bundesland von Unternehmen der Metallerzeugung und Metallbearbeitung, der Glaswaren- und Keramikherstellung oder der chemischen Industrie direkt und indirekt ab“, erklärt Herwig W. Schneider vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI), das eine 60 Seiten starke Studie im Auftrag der WKNÖ erstellt hat. Die energieintensive Industrie Niederösterreichs sei im Vergleich zu den anderen österreichischen Bundesländern überdurchschnittlich wichtig für die Wertschöpfung. Die wirtschaftliche Energiewende samt den derzeitigen Kostenexplosionen auf den Weltmärkten stelle damit eine besondere Herausforderung dar. Die Unternehmen liegen laut Schneider bei Ausgaben für Energie mit einer Energiekostenintensität von 3,5 Prozent zwar unter dem Österreichschnitt von 4,7 Prozent, dennoch seien sie in hohem Maße von Gas und Strom abhängig. „Jede Unterstützungsmaßname, die eine Anpassung an die Marktsituation erleichtert, sichert Beschäftigung und Wohlstand im Land“, bekräftigt Schneider.

Schwarzl: Energiepreiskompensation als erster Schritt
Ein erster Schritt wäre die Energiepreiskompensation nach dem Unternehmens-Energiezuschuss-Gesetz, drängt Helmut Schwarzl, Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ), auf eine rasche Durchführungsverordnung und somit umgehende Unterstützung. Der Energiekostenzuschuss müsse zudem auf 2,5 Milliarden Euro aufgestockt werden. Weiters reklamiert Schwarzl eine Reform des europäischen Strommarktes und die sofortige Realisierung des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes. Eine zentrale Forderung der Wirtschaftskammer-Sparte Industrie ist auf Basis eines Rechtsgutachtens der WKÖ-Sparte zudem die Verabschiedung eines Bundesverfassungsgesetzes für die Erdgassubstitution. Dieses wäre für jene Betriebe, die einen Teil des Erdgasverbrauches durch leichter verfügbare bzw. günstigere Energieträger ersetzen können, von überlebenswichtiger Bedeutung. „Ein solches ,Ermöglichungsgesetz‘ würde es Betrieben in ganz Österreich erlauben, selbst nach eigenen Möglichkeiten vorzusorgen. Damit könnten Unternehmen nicht nur die Versorgungssicherheit für sich selbst erhöhen, sondern auch das gesamte System entlasten“, bringt es Schwarzl auf den Punkt. Besonders augenscheinlich wird die Preisexplosion in der Papierindustrie, wo der Energiekostenanteil an einer Tonne Papier von vier Prozent im Vorjahr auf derzeit fast 50 Prozent in die Höhe geschnellt ist. „Unternehmen hören von Kunden, dass sie ja nicht in Österreich produzieren müssen, wenn die Energiekosten zu hoch sind“, berichtet Schwarzl aus der Praxis.

Die rasant gestiegenen Energiekosten zeigen sich auch am Beispiel von Neuman Aluminium, dem größten Arbeitgeber im Bezirk Lilienfeld. „Unsere Energiekosten werden 2022 rund 16 Millionen Euro betragen. An unserem Standort Marktl sind das fünf Prozent. Dies ist bis zu dreimal mehr als vor der Krise – und das, obwohl ein Teil der Energie langfristig günstiger eingedeckt war“, rechnet Geschäftsführer Georg Feith von der CAG Holding, in der die Neuman Aluminium eingegliedert ist, vor. Das Ganze vor dem Hintergrund, dass Neuman-Wettbewerber auch außerhalb Europas tätig sind – und nicht annähernd so stark von steigenden Energiepreisen betroffen sind.

Der Ausbau von alternativen Energien wird bei Neuman dennoch großgeschrieben, man investiere laufend in den Ausbau von PV-Anlagen auf den Hallendächern und betreibe eigene Kleinwasserkraftwerke, die 25 Prozent des Bedarfs am Standort Marktl decken, verrät Feith. „Wir arbeiten auch an Lösungen, Dachflächen im Umland möglichst effizient mit PV-Anlagen auszustatten und bereiten die Einreichung von zwei standortnahen Windkraftanlagen vor. Im Rahmen der CAG Holding wurde mit dem Bioenergie Zentrum in Kärnten die Fernwärme für Klagenfurt und eine Kapazität von 22 Megawatt Leistung Grünstrom entwickelt“, berichtet Feith. Man baue hier auf die Unterstützung der Regierung, um solch nachhaltige Lösungen und Investitionen in die Zukunft des Standortes zu ermöglichen.

Foto ©: Marlies Rauch

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