Start Niederösterreich Neue Studie Arbeitskräftemangel in NÖ: Jede zehnte Stelle kann nicht besetzt werden

Neue Studie Arbeitskräftemangel in NÖ: Jede zehnte Stelle kann nicht besetzt werden

KMU Austria-Chef Thomas Oberholzner, WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker und WKNÖ-Direktor Johannes Schedlbauer bei der Präsentation der Studie. Foto: © David Schreiber

WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker: „Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel. Wir haben einen Personalmangel und alle Branchen sind davon betroffen.“

Der Arbeitskräftemangel gehört zu den größten Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Doch welche Fach-/Arbeitskräfte fehlen eigentlich, was sind die Gründe dafür und nach welchen Kompetenzen suchen die Betriebe? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hat die KMU Forschung Austria im Auftrag der Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ) eine Studie durchgeführt. Befragt wurden 1.220 niederösterreichische Unternehmen.

Das zentrale Ergebnis: Niederösterreichs Unternehmen können jede zehnte Stelle nicht besetzen. Und: „Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel. Wir haben einen Personalmangel und alle Branchen sind davon betroffen“, so WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker. Die Konsequenzen daraus sind hart: Für die betrieblichen Abläufe bedeutet das zusätzliche Belastungen. Viele Betriebe können Aufträge nicht mehr übernehmen, weil ihnen Arbeitskräfte fehlen. Ecker: „Der Fachkräftemangel wird immer akuter, laut letzten Daten kostet dieser Mangel Niederösterreichs Unternehmen rund 400 Millionen Euro pro Jahr – Tendenz steigend. Das entspricht einem BIP-Wachstum von 0,7 %, das nicht realisiert werden kann.“

KMU Austria-Chef Thomas Oberholzner, WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker und WKNÖ-Direktor Johannes Schedlbauer bei der Präsentation der Studie. Foto: © David Schreiber

Nur knapp ein Viertel der Betriebe ohne Maßnahmen

Die Betriebe selbst setzen vielfältige Maßnahmen, um die dringend benötigten Arbeitskräfte zu bekommen. „Die überwiegende Mehrheit der niederösterreichischen Unternehmen hat bereits spezifische Maßnahmen gesetzt, um ihre Fachkräftesituation zu verbessern“, unterstreicht der Projektleiter der Studie und Chef der KMU Forschung Austria, Thomas Oberholzner. „Lediglich bei knapp einem Viertel der Unternehmen wurden keine Maßnahmen gesetzt oder waren keine Anstrengungen erforderlich, um die Personalsituation zu verbessern.“ Besonders im Fokus stehen dabei die Rekrutierung älterer Arbeitskräfte (50+), Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Arbeitskräfte aus dem Ausland, Höherqualifizierungen im Rahmen der Weiterbildung und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen.

Lehre im Zentrum, Steueranreize für betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen, breiterer Blickwinkel in der Arbeitsmarktpolitik

Entscheidend sei, die Betriebe in ihrem Bemühen um das nötige Personal „nicht alleine zu lassen. Da ist die öffentliche Hand ebenso gefordert wie die Gesellschaft“, betont Ecker. Für den WKNÖ-Präsidenten bedeutet dies an erster Stelle einen besonderen Fokus auf die Lehre. „Wir müssen bildungspolitisch die Lehre als praxisorientierte Ausbildung, die alle Karrierewege öffnet, noch stärker ins Zentrum rücken. Davon profitieren die jungen Menschen und die Unternehmen gleichermaßen.“ Überdies gehe es auch grundsätzlich darum, dass Menschen früher in die Berufswelt einsteigen. „Die Lehre ist dafür die beste Form.“

Zugleich drängt Ecker auf steuerliche Anreize für Qualifizierungsmaßnahmen im Betrieb und neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik. Dort genüge es nicht, immer nur auf Höherqualifizierungen zu schauen. „Es muss möglich sein, nicht nur Höherqualifizierung zu fördern, sondern Qualifikationen generell, um alle Bedürfnisse der Wirtschaft abdecken zu können. Nur dann sind wir wirklich am Puls der Betriebe.“ Und der WKNÖ-Präsident nennt dazu ein konkretes Beispiel: „Immer auf eine höhere Akademikerquote zu setzten, ist weder bildungspolitisch, noch arbeitsmarktpolitisch der Weg, der uns hilft, den Personalbedarf in unseren Unternehmen zu lösen.“

Zahlreiche WKNÖ-Maßnahmen für die Lehre

„Wir setzen als Wirtschaftskammer NÖ bereits zahlreiche Maßnahmen, um das Image der Lehre zu steigern. So bewerben wir etwa das Modell Lehre nach Matura intensiv oder haben österreichweit einzigartig das Modell Lehre und Studium initiiert“, erklärt WKNÖ-Direktor Johannes Schedlbauer. Auch in Sachen Berufsorientierung ist die WKNÖ sehr aktiv – mit analogen und digitalten Angeboten vom Kindergarten bis ins Erwachsenenalter. Vom Talente Check über die Schnupperlandkarte bis hin zur Initiative Let’s Walz, von Social Media über Newsletter für BO-Lehrer bis hin zur Webinarreihe Elternpower reiche die Palette. „Wir haben uns ein Jahr lang auch intensiv mit dem Generationenmanagement auseinandergesetzt, um Unternehmen dabei zu unterstützen, junge Menschen zu gewinnen, zu binden und zu führen. Die neue Vortragsreihe startet am 26. Jänner“, gibt Schedlbauer einen Ausblick.

„Dass unsere Maßnahmen greifen, zeigen die kontinuierlich steigenden Lehrlingszahlen, die das Vor-Corona-Niveau mittlerweile wieder übertroffen haben. Doch es gilt noch viel zu tun, um künftig noch mehr junge Menschen davon zu überzeugen, dass sie mit der Lehre eine Top-Ausbildung wählen, die ihnen sämtliche Möglichkeiten eröffnet“, betonen Ecker und Schedlbauer.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick

Ø Rund jede zehnte Arbeitsstelle in den Unternehmen kann nicht besetzt werden. Das entspricht ca. 45.000 Arbeitsplätzen. Kleinere Unternehmen sind stärker betroffen

Ø Der Mangel betrifft breite Palette an Berufen – nicht nur Fachkräfte im engeren Sinn, sondern Arbeitskräfte generell. Der größte Mangel besteht im Qualifikationsbereich Lehre

Ø Zukunftskompetenzen aus Sicht der Unternehmen: Fachwissen auch in Zukunft an erster Stelle, digitales Know-How als Ergänzung zu praxisorientierten,
handwerklichen Fähigkeiten. Problemlösungskompetenz, personale (Motivation, Lernbereitschaft, Selbstständigkeit) und soziale Kompetenzen werden zunehmend wichtiger, ebenso wie Sprachkenntnisse

Ø Maßnahmen der Unternehmen: Rekrutierung älterer Arbeitskräfte, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, ausländische Arbeitskräfte, Weiterbildung, Kooperation mit Bildungseinrichtungen und anderen Unternehmen, PR-Maßnahmen.

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