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54% aller niederösterreichischen Betriebe haben dauerhaft nicht besetzbare Stellen. Weitreichende Auswirken für Aufträge und Kunden – Umfassender Maßnahmenmix gefordert.

Eine neue, repräsentative Umfrage unter 1.400 niederösterreichischen Unternehmen von der KMU Forschung Austria im Auftrag der Wirtschaftskammer Niederösterreich zeigt den aktuellen Umfang des Mitarbeitermangels in Niederösterreich auf. „Bereits 54% aller Unternehmen haben dauerhaft nicht besetzbare Stellen. Wobei sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr für 42% der Betriebe verschlechtert und nur für 8% verbessert hat“, führt Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, im Rahmen einer Pressekonferenz bei seinem Niederösterreich-Tag aus. Die Umfrage zeigt auch erstmals die konkreten Auswirkungen für die Unternehmerinnen und Unternehmer auf. „32% aller Betriebe und 56% der Unternehmen mit Mitarbeitermangel berichten bereits von Verzögerung bei der Bearbeitung von Aufträgen“, erklärt Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, und ergänzt: „Für viele sind die Folgen noch größer. Denn 25% der Unternehmen bzw. 44% aller Betriebe mit Mitarbeitermangel müssen Aufträge ihrer Kunden bereits ablehnen.“ Weitere 34% aller Unternehmen mit Arbeitskräftemangel gaben an ihr Angebot reduzieren zu müssen und 27% haben ihre Öffnungszeiten reduziert.

Dass der Arbeitskräftemangel die Betriebe nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft beschäftigen wird, unterstreicht zudem eine Studie der Synthesis Forschung und des WIFO im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich. So sollen bis 2040 rund 363.000 zusätzliche Stellen österreichweit nicht besetzt werden können, was einen BIP-Verlust von rund 50 Mrd. Euro bzw. etwa 9 Prozent mit sich bringen würde. Für Niederösterreich heißt das, dass rund 60.000 Stellen zusätzlich unbesetzt bleiben dürften, was einen Verlust von 7,9 Mrd. Euro am BIP bedeutet.

WKÖ-Mahrer: Qualifizierte Zuwanderung gefordert
Für WKÖ-Präsident Harald Mahrer stehe fest, dass man zukünftig mehr Arbeitskräfte anlocken müsse, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und damit auch den Wohlstand langfristig zu sichern. „Wir müssen nicht nur in Europa, sondern auch in Drittstaaten zusätzliche motivierte Menschen suchen, die bei uns arbeiten wollen. Hier wartet niemand auf Österreich, denn anderen europäische Staaten denken bereits über ähnliche Modelle nach“, betont Mahrer und ergänzt: „Mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft haben wir daher erst vor kurzem eine Initiative gestartet, um im Ausland verstärkt für den heimischen Arbeitsmarkt zu werben.“ Dazu beitragen soll unter anderem auch die Rot-Weiß-Rot-Karte, deren Reform bereits erste Erfolge verzeichnet.

Neben mittel- und langfristigen Maßnahmen seien aus Sicht des WKÖ-Präsidenten auch weitere kurzfristige Abfederungsmaßnahmen nötig, um den Arbeitskräftemangel zu lindern. „Jene die leistungswillig und leistungsbereit sind, um im Betrieb auch mehr zu arbeiten, sollen mit zusätzlichen steuerfreien Überstunden belohnt werden.

Weiters braucht es ökonomische Anreize um Arbeiten über das Regelpensionsalter hinaus zu attraktiveren“ fordert Mahrer.

WKÖ-Präsident Harald Mahrer und WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker

WKNÖ-Ecker: Bildungspflicht statt Schulpflicht
„Die Lehre ist ein wesentlicher Baustein, damit unsere Betriebe den Mitarbeitermangel meistern. Um das Potenzial von Lehrlingen und zusätzlichen Lehrlingszielgruppen voll nutzen zu können, müssen wir an zahlreichen Rädchen drehen“ betont Ecker. Aus zahlreichen Unternehmensbefragungen sei bekannt, dass Betriebe viel Geld, Zeit und Ressourcen investieren, um die für den Lehrberuf notwendigen Fähigkeiten der Lehrlinge weiter zu stärken. „Mit der Weiterentwicklung der Schulpflicht zur Bildungspflicht wäre sichergestellt, dass sie die Schule erst verlassen, wenn sie definierte Ziele in den Grundlagen-Schulfächern erreicht haben“, fordert Wolfgang Ecker. Damit seien die grundlegenden Anforderungen an eine berufliche Ausbildung geschaffen und Betriebe könnten sich auf die eigentliche Lehrausbildung konzentrieren.

Immer mehr ältere Menschen erkennen die Vorteile einer Lehre, was die Anforderungen an die Lehrausbildung verändert und weitere Maßnahmen notwendig macht. Denn ältere Menschen bringen einen anderen Wissenstand und Erfahrungen mit und können daher nicht wie 15-jährige Lehrlinge ausgebildet werden. „Das heißt Berufsschullehrer müssen in der Arbeit mit älteren Menschen geschult werden. Zudem sollte, aufgrund des bereits bestehenden Wissens, die Berufsschulzeit verkürzt werden. Weiters braucht es ein Lehrlingsstipendium für ältere Menschen, um deren höhere Lebenshaltungskosten aufgrund von Wohnsituation und Familie abfedern zu können“, fordert der niederösterreichische Wirtschaftskammerpräsident Wolfgang Ecker.

Schulterschluss und Mut für neue Wege
Um den Mitarbeitermangel meistern zu können, brauche es aus Sicht von Mahrer und Ecker einen Mix aus kurzfristigen Abfederungsmaßnahmen und mittel- sowie langfristigen Lösungen. „Wir brauchen zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rasch und nicht in 10 oder 20 Jahren. Daher ist es an der Zeit mutig neue Wege zu gehen“, sind sich die beiden Wirtschaftskammerpräsidenten einig.

Foto: © Erich Marschik

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