Start Thema International Südkorea: Gerichtsverfahren überprüft Strafcharakter von Zivildienst

Südkorea: Gerichtsverfahren überprüft Strafcharakter von Zivildienst

Hye-min Kim mit seiner Frau Ha-bin vor dem Gwangju Bezirksgericht

Hye-min Kim ist Zeuge Jehovas und hat aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigert. Er wurde im September 2020 vom Obersten Gerichtshof Südkoreas der Kriegsdienstverweigerung für nicht schuldig befunden. Er beantragte einige Wochen später, den Zivildienst leisten zu dürfen. Es dauerte bis zum 7. Februar 2022, bis er mit dem Zivildienst beginnen konnte.

Zurzeit hat der Zivildienst in Südkorea eher Strafcharakter und stellt derzeit keine echte Alternative dar. Auch dauert er mit 36 Monaten doppelt so lange wie der aktive Militärdienst. Südkorea hat damit einen der längsten Ersatzdienste der Welt. Auch die Art und Weise erfüllt nicht die üblichen Normen für Zivildienst. Zurzeit werden Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen wie Straftäter behandelt. Sie sind während dieser drei Jahre in Schlafsälen in Haftanstalten untergebracht, als stünden sie unter Hausarrest und unterliegen strengen Beschränkungen.

Hye-min Kim mit seiner Frau Ha-bin vor dem Gwangju Bezirksgericht

Diese „alternative Bestrafung“, wie der Zivildienst in Südkorea von einem internationalen Sachverständigen bezeichnet wurde, entspricht nicht den üblichen Standards. Dieser Standard wurde 1998 von der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in einer Resolution festgelegt. Darin wurden Länder mit einer Wehrpflicht darauf hingewiesen, Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen einen Ersatzdienst zu ermöglichen, der „dem öffentlichen Interesse dient und keinen Strafcharakter aufweist.“

Am 28. Juni 2018 hat das Verfassungsgericht Südkoreas bestätigt, dass die koreanische Verfassung die Rechte von Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen schützt. Gleichzeitig ermahnte es die für die Ausarbeitung eines Zivildienstgesetzes Verantwortlichen: „Sollte die Dauer oder Härte des Zivildienstes exzessiv sein und dazu führen, dass Wehrdienst­verweigerer davon abgeschreckt werden, ihn zu wählen, würde dies den Zweck des Zivildienstes verfehlen oder ihn zu einer bloßen Form der Bestrafung herabsetzen und weitere Grundrechte verletzen.“

Bisher wurde das Zivildienstprogramm von der koreanischen Regierung den internationalen Standards allerdings nicht angepasst. Hye-min Kim hat sich daher in Anbetracht der aktuellen Form des Zivildienstes entschieden, diesen respektvoll abzulehnen. Er ist damit der erste Wehrdienstverweigerer, der diesen Dienst ablehnt. Ihm droht eine Freiheitsstrafe von maximal 36 Monaten und ein Eintrag im Strafregister. Das Gwangju Bezirksgericht in Südkorea hat eine Anhörung im Fall von Hye-min Kim anberaumt.

Sollte das Gericht zu seinen Gunsten entscheiden und würde das Zivildienstprogramm internationalen Standards angepasst werden, wäre diese Änderung für die gesamte koreanische Gesellschaft und für Jehovas Zeugen sowie ihre Familien von großem Nutzen.

Auf jw.org wird über den Prozessverlauf und über das Urteil weiter berichtet. Die bisherige Entwicklung betreffend Wehrdienst, Zivildienst und Menschenrechte können sie auf jw.org>Nachrichten>JW NEWS nachlesen. Bei Fragen wenden sie sich bitte an den Medienkontakt.

Medienkontakt:
Franz Michael Zagler,
Tel: 0676/637 84 96,
E-Mail: f.m.zagler@aon.at

Foto: jw.org

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