Eine bislang wenig bekannte Episode in der Geschichte von Jehovas Zeugen findet nun Beachtung im National Memorial Museum of Forced Mobilization under Japanese Occupation (Nationalmuseum zum Gedenken an die Zwangsrekrutierung unter japanischer Besetzung) in Busan, Südkoreas zweitgrößter Stadt. Dort wurde am 12. November 2019 die Sonderausstellung „Geschichte ändert sich, das Gewissen nicht“ eröffnet, die noch bis zum 13. Dezember 2019 zu sehen ist. Sie berichtet über die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas in Korea während der japanischen Kolonialherrschaft vor mehr als 80 Jahren und die darauf folgende Unterdrückung.
Die gleiche Ausstellung war erstmalig im September 2019 im Gefängnismuseum Seodaemun in Seoul zu sehen. Insgesamt zählte sie 51 175 Besucher, darunter 5 700 Zeugen Jehovas, die als Delegierte den internationalen Kongress in Seoul besuchten.
Beim sogenannten Deungdaesa-Vorfall wurden Zeugen Jehovas und diejenigen, die ein Interesse an der biblischen Botschaft zeigten, festgenommen und von Juni 1939 bis August 1945 inhaftiert, weil sie sich nicht an der Kaiserverehrung beteiligten und man ihnen unterstellte, Antikriegspropaganda zu verbreiten. 66 Personen wurden festgenommen – das waren fast alle Zeugen Jehovas, die zu der Zeit in Korea lebten. Im Gefängnis wurden sie massiv unter Druck gesetzt und gefoltert. Infolge der harten Haftbedingungen starben 6 Zeugen Jehovas an Krankheiten.
Herr Hong Dae-il, der die Öffentlichkeitsarbeit von Jehovas Zeugen in Südkorea koordiniert, kommentierte: „Viele in Südkorea wissen gar nicht, dass die Menschenrechtsfrage um Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen vor 80 Jahren unter der japanischen Besetzung ihren Anfang hatte. Die Sonderausstellung schafft einen würdigen Rahmen, um diese denkwürdige Geschichte zum ersten Mal zu erzählen.“
Professor Han Hong-gu, ein Historiker, der die Eröffnungsfeier besuchte, sagte über diejenigen, die für ihren Glauben einstanden: „Nach meiner Meinung sind sie das schönste Beispiel, wenn es um die Definition des Gewissens geht. … An sie sollte zuerst gedacht werden, jetzt, wo in unserer Gesellschaft Menschen, die nach ihrem Gewissen handeln, zunehmend Respekt erfahren.
Die Ausstellung hat erhebliches Interesse bei Historikern und den Medien geweckt. Dadurch bot sich eine gute Gelegenheit, die Öffentlichkeit über die Geschichte der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu informieren; ein Thema, das im letzten Jahr in Südkorea zunehmend Beachtung fand. Am 28. Juni 2018 erklärte das Verfassungsgericht die fehlende Möglichkeit eines Ersatzdienstes in Südkorea für verfassungswidrig. Nur vier Monate später, am 1. November, entschied Südkoreas Oberstes Gericht, dass Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen keine Straftat ist. Infolge dieser Gerichtsentscheidungen wurden unsere Brüder, die wegen Wehrdienstverweigerung in Südkorea inhaftiert waren, aus der Haft entlassen, und der Weg für neue Gesetze zum zivilen Ersatzdienst ist geebnet.
Weitere Informationen von unserem Redakteur Franz Michael Zagler unter der Telefonnummer 0676/637 84 96.
Fotos: JZ