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Zeitzeugenprojekt in der MS Ertl macht Mut

Fotolegende von links nach rechts: Silvia Roseneder (Klassenvorstand, Dir. Sabine Kondelik-Ebner, Est-her Dürnberger, Joachim Fritsch und Caroline Harant

Ertl. Seit vielen Jahren finden in der Mittelschule Ertl Zeitzeugenprojekte statt. Die Geschichte von Hermine Liska, die als anerkannte Zeitzeugin der ersten Generation 26 Jahre in Hunderten Schulen unterwegs war, hat stets begeistert und berührt. 2024 ist Liska, die auch Trägerin des Goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich war, im 95. Lebensjahr verstorben.

Doch ihre Geschichte lebt weiter. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung entstand eine DVD mit dem Titel „Erziehungsproblem eines Diktators.“ Mit diesem Film ist es der Referentin des Vereins Lila Winkel Esther Dürnberger möglich, die Geschichte von Hermine Liska authentisch nachzuerzählen. Die 14jährigen Schüler:innen bekamen einen Einblick in eine Zeit, in der für Andersdenkende kein Platz war und die Religionsfreiheit eingegrenzt wurde. Menschenwürde war ein Fremdwort und Ausgrenzung an der Tagesordnung. Hermine verweigerte mit 11 Jahren den deutschen Gruß, das Singen patriotischer Lieder und den Fahnengruß. Sie gehörte wie ihre Eltern den Bibelforschern an (wie Zeugen Jehovas damals genannt wurden) und konnte aus biblischer Überzeugung Hitler nicht als Führer anerkennen. Daran änderte auch die Unterbringung in ein Umerziehungsheim nichts.

Fotolegende von links nach rechts: Silvia Roseneder (Klassenvorstand, Dir. Sabine Kondelik-Ebner, Est-her Dürnberger, Joachim Fritsch und Caroline Harant

Besonders angetan war die Klasse von der Standhaftigkeit der jungen Hermine. Man wollte sie zwingen, die Hand zu heben, die Jacke der Hitlerjugend anzuziehen und verweigerte ihr trotz guter Schulnoten den Besuch der Hauptschule. Sie erhielt die schlechteste Betragungsnote, durfte beim Völkerball nicht mitspielen und bekam am Sonntag keine Nachspeise, den beliebten Pudding. Auch jahrelanger Spott und Ausgrenzung änderte nichts an ihrer Überzeugung. Nie dachte sie an Rache und bewahrte sich bis heute ihre positive Einstellung. Ihre Ausstrahlung und ihr gewinnendes Lächeln überzeugten sogar von der Leinwand.

Die Geschichte der 11jährigen Hermine ging zu Herzen. Die Schüler:innen hatten auch die Möglichkeit, sich in das Buch der Erinnerung einzutragen.

Schüler:innen schreiben ihre Eindrucke in das Buch der Erinnerung

Zwei Schüler:innen waren auch für ein kurzes Interview bereit und beschrieben ihre Eindrücke so:

Carolina Harant: „Ich habe früher die Tragweite dieser schrecklichen Zeit unterschätzt. Dieser Vortrag hat mir einen besseren Einblick gegeben. Jetzt weiß ich, wie tragisch die Zeit wirklich war. Ich war beeindruckt von der psychischen Stärke und davon, wieviel Kraft der Glaube geben kann.“

Joachim Fritsch: „Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich durchgehalten hätte. Hermine hat es sieben lange Jahre geschafft und lief nicht weg, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Eine Flucht hätte es ihren Heimkollegen extra schwer gemacht. Aber sie dachte an die Gemeinschaft und blieb treu.“

Das Zeitzeugenprojekt endete mit dem Satz: „Wenn alle Menschen, wie Hermine Liska, nach der Goldenen Regel Behandelt andere immer so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet (Zitat aus der Bergpredigt Jesu im Matthäusevangelium, Anm.) leben würden, wäre die Welt eine andere.“

Fotos: © FMZ

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