Anlässlich des großen Gedenkjahres 2025 – 80 Jahre Kriegsende – fand am Sonntag, dem 11. Mai 2025, eine Gedenkveranstaltung im ehemaligen KZ Mauthausen statt. Erinnert wurde auch an fünf Opfer des Nationalsozialismus aus Wels.
Der Vorstandsvorsitzende des Mauthausenkomitees, Willi Mernyi, sagte am Beginn der Gedenkveranstaltung: „Es gibt einen großen Unterschied zwischen uns und den Menschen im Jahr 1938: Mag sein, dass einige unserer Vorfahren bei der Machtergreifung durch Adolf Hitler nicht wissen konnten oder wollten, wohin der Hass und die Spaltung führen wird. Aber wir, heute, wissen es! Und dieses Wissen macht uns verantwortlich für ein ‚Niemals wieder‘.“
Bevor diese Worte von über 20.000 BesucherInnen Zustimmung erhalten werden, fanden sich rund 100 Zeugen Jehovas bei „ihrer“ Gedenktafel ein. Sie hielten sich nicht nur an das göttliche Gebot „Du sollst nicht töten“, sondern bekannten sich zur absoluten Gewaltfreiheit, wodurch diese kleine religiöse Gruppe bereits 1933 unmittelbar nach Hitlers Machtübernahme zur Zielscheibe grausamer Verfolgung wurde.
Von den rund 800 Zeugen Jehovas, die 1938 in Österreich lebten, wurden 640 von den Nationalsozialisten verfolgt und 154 getötet, weil sie den Dienst mit der Waffe und die Arbeit in der Rüstungsindustrie verweigerten. Zu den Verfolgten gehörten auch fünf Zeugen Jehovas aus Wels.

Die Biografin Renate Grasser gab vor der Gedenktafel einen kurzen Überblick:
Das Ehepaar Anna Emilie und Egmund Andreas Stadtegger wohnt in der Alois-Auer-Straße 16. Anna Emilie Stadtegger, geborene Zötl, wird 1943 im Alter von 31 Jahren durch Erhängen im KZ Ravensbrück hingerichtet. Ihr um 10 Jahre älterer Ehemann Egmund Andreas Stadtegger stirbt 44-jährig kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 im Zuchthaus Siegburg, vermutlich aufgrund einer Fleckfieberepidemie, die im Zuchthaus ausgebrochen war.
Anna Zötl, wohnhaft in der Magazinstraße 3, überlebt die Zeit im KZ Ravensbrück und verstirbt 1974 mit 84 Jahren an einem Myokardinfarkt und Herz- und Kreislaufversagen.
In einem Verhör durch die Gestapo in Linz am 2. Juli 1940 sagt Anna: „Wenn ich den Auftrag erhalten würde, mein Vaterland mit der Waffe zu verteidigen, würde ich dies entschieden ablehnen, weil das den Bibelgesetzen widersprechen würde. Ich kann nicht einsehen, dass meine Handlung strafbar ist. Darum habe ich auch nichts zu bereuen.“
Ludwig Anton Estl wohnt in der Dr.-Groß-Straße 26b und kommt mit 61 Jahren im KZ Dachau 1941 an Herz- und Kreislaufversagen zu Tode. Bereits im Sommer 1940 steigt die Zahl der Gefangenen auf etwa 10.000 an. In der Folge verschlechtern sich die Lebensumstände der Häftlinge drastisch. Dazu führen mörderische Arbeitsbedingungen, die unzureichende Versorgung und die mangelnde Hygiene im Lager zu einem sprunghaften Anstieg der Sterberate. Auch Ludwig Anton Estl überlebt Dachau nicht.
Maria Berger wohnt in der Salzburger Straße 47/1 und ist die älteste Inhaftierte in Wels. Sie stirbt 1942 mit 76 Jahren, drei Monate nach ihrer Haftentlassung, vermutlich als Folge der schwierigen Bedingungen im Gefängnis. In der Linzer Tagespost vom 5.12.1940 war über den Prozess vor dem Landesgericht Linz zu lesen: „Ein altes Weiblein (Maria) meint, sie anerkenn nur die Gesetze, die nicht im Widerspruch zur Bibel stehen.“
Über Maria: Das harte Leben hat seine Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Und doch verbirgt sich hinter dieser spröden Fassade eine herzliche, liebenswerte und hilfsbereite Persönlichkeit.
Diese fünf Opfer des Nazi-Regimes aus Wels verbindet vieles. Sie besuchten im Gasthaus „Zur Stadt Passau“ in der Schubertstraße 2 die Zusammenkünfte von Jehovas Zeugen, lasen die Bibel, sangen Lieder zur Ehre ihres Gottes und weigerten sich, Hitler als ihren Führer anzuerkennen. Sie haben sich nicht dem damaligen System gebeugt und sind bis zu ihrem Tod den christlichen Grundsätzen treu geblieben.
80 Jahre Kriegsende: Gedenkveranstaltungen wie diese sollen Mahnung und Ansporn zugleich sein, nicht zu vergessen, dass fehlende Toleranz, Respekt und Menschenwürde der Nährboden des Nationalsozialismus waren. Die Goldene Regel aus der Bergpredigt Jesu, zu finden im Matthäusevangelium, Kapitel 7, Vers 12, würde das Zusammenleben heute um vieles harmonischer machen und morgen Intoleranz, Hass und Vorurteile im Keim ersticken. Sie lautet: „Alles nun, was ihr wollet, daß euch die Leute thun sollen, das thut ihnen auch ihr.“ (Katholische Bibel, übersetzt nach Leander van Eß aus dem Jahre 1867)
Franz Michael Zagler
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