Schon heute sei Niederösterreich das Bundesland mit der meisten erneuerbaren Energie aus Wind- und Sonnenkraft, die man auf dem blau-gelben Weg zur Energieunabhängigkeit mit 250 zusätzlichen Windrädern bis 2035 und 130.000 zusätzlichen PV-Anlagen bis 2030 noch weiter ausbauen werde, sagte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf in St. Pölten, wo er gemeinsam mit APG-Vorstand Gerhard Christiner die Offensive für den Stromnetzausbau vorstellte.
„Das bedeutet eine Verdreifachung des Windstroms und eine Vervierfachung des Sonnenstroms, also zusätzlich über 10.000 GWh sauberen Strom. Damit bauen wir zusätzlich den Strombedarf der ganzen Steiermark innerhalb weniger Jahre neu auf“, betonte der LH-Stellvertreter. Angesichts der Sorgen um die Kapazität und die Sicherheit der Stromnetze ergänzte er: „Wir haben schon jetzt eines der sichersten Netze der Welt, Niederösterreich belegt mit 20 Minuten an durchschnittlichen Ausfällen im Jahr einen europäischen Spitzenplatz“.
Das Stromnetz müsse jetzt aber noch weiter massiv ausgebaut werden -als Grundlage für Energieunabhängigkeit, Versorgungssicherheit, mehr erneuerbare Energie und damit den Klimaschutz. Daher müsse die EVN bzw. die Netz Niederösterreich, der größte Netzbetreiber in Niederösterreich, die größten Anstrengungen und das größtes Tempo vorlegen, um genügend Netzkapazitäten zu schaffen und neue Ökostrom-Anlagen ans Netz anschließen zu lassen. „Die Netz Niederösterreich wird daher jedes Jahr 250 Millionen Euro in die Modernisierung und Verstärkung des Stromnetzes investieren. Aktuell betreibt die Netz Niederösterreich 92 Umspannwerke, 40 werden neu gebaut oder komplett modernisiert“, meinte Pernkopf und appellierte auch an die anderen Energieversorger wie die Wien Energie mit ihren ca. 200.000 niederösterreichischen Kunden, im Sinne von Energieunabhängigkeit und Versorgungssicherheit massiv zu investieren.
Besonderen Dank stattete der LH-Stellvertreter der APG ab, die gleichsam die Stromautobahnen in Österreich zur Verfügung stellt und vor kurzem die 200 Millionen Euro teure Weinviertelleitung in Betrieb genommen hat, die entscheidend zur Stromversorgung in Österreich beiträgt: „Über die Weinviertelleitung werden künftig bis zu 3.000 MW erneuerbare Energie aus Niederösterreich ins überregionale Netz eingespeist und österreichweit nutzbar gemacht. Das entspricht der Anschlussleistung von acht Donaukraftwerken“.
„Auch die APG wird in den nächsten zehn Jahren österreichweit 3,5 Milliarden Euro in den weiteren Ausbau investieren, davon knapp 550 Millionen Euro in Niederösterreich, sodass insgesamt rund 350 Millionen Euro jährlich alleine in Niederösterreich in die Stromnetze gesteckt werden. Das ist wichtig, weil sich die Menschen verlassen können müssen – darauf, dass sie ihre PV-Anlagen auch ans Netz anschließen können und darauf, dass die Stromnetze sicher sind“, kündigte der LH-Stellvertreter an.
Notwendig dafür seien aber auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vom Bund, meinte Pernkopf und führte an erster Stelle schnellere Verfahren an: „In Niederösterreich werden neun von zehn UVP-Verfahren in weniger als einem Jahr positiv abgeschlossen, anschließend hängen dann allerdings 50 Prozent dieser Projekte in den Bundesinstanzen fest und werden dort um fünf bis sieben Jahre verzögert. Das sind wertvolle Jahre, die uns für die Energieunabhängigkeit und Sicherheit in ganz Österreich fehlen“.
Zum zweiten brauche es einfachere Fördersysteme, speziell bei der PV, wo heuer schon über 100.000 Menschen nicht zum Zug gekommen seien: „Die Menschen dürfen nicht zu Bittstellern degradiert werden“, forderte der LH-Stellvertreter, der abschließend auch die Erhöhung der Netzkosten für die Haushalte um 87 Euro pro Jahr netto oder +36 Prozent kritisierte und innovativere Lösungen bei Batterie-, Groß-und Quartierspeichern einforderte.
Gerhard Christiner, Vorstand der APG, meinte: „Die Energiewende entscheidet sich im Stromnetz. Damit die Transformation des Energiesystems versorgungssicher gelingt und wir bis 2030 den gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Quellen decken können, müssen wir die gesamte Infrastruktur massiv um- und ausbauen. Dazu braucht es einen Gesamtsystemplan und rasche Umsetzungszeiten: die Weinviertelleitung wurde in sechs Jahren realisiert – von der Idee bis zur Inbetriebnahme. Das ist ein Vorzeigemodell für Österreich und leider die Ausnahme: die Genehmigungsverfahren dauern nach wie vor viel zu lange. Wir investieren bis 2032 insgesamt 3,5 Milliarden Euro in unsere Strominfrastruktur und damit in die sichere Stromversorgung Österreichs und die Elektrifizierung von Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft.“
In Folge erklärte er, dass vom österreichischen Strombedarf von 70 Terrawattstunden 10 importiert würden, 10 weitere aus thermischen Kraftwerken und der Rest aus erneuerbarer Energie gedeckt werde. Während fast zwei Drittel der Länder in Europa importabhängig seien, erwarte er sich für Österreich für den Winter, falls dieser nicht zu extrem werde, keine großen Probleme.
„Allerdings verursacht eine zu geringe Netzkapazität signifikante Kosten. So ist eine Megawattstunde in Österreich um 30 Euro teurer als in Deutschland. Bei 70 Terrawattstunden zahlen wir rund 2 Milliarden Euro mehr als wir müssten, weil die Netze nicht ausreichen. Dazu sind auch die Kosten des Engpassmanagements exorbitant auf derzeit 640 Millionen Euro gestiegen, sodass ca. 2,5 Milliarden Euro an Kosten entstehen, weil das Netz nicht adäquat und synchron ausgebaut ist“, präzisierte der APG-Vorstand.
Beim derzeitigen Tempo, so Christiner, sei das Ziel der Energiewende eines 27 Terrawattstunden-Zubaus bis 2030 nicht erreichbar, weshalb Verfahrenseffizienz und Beschleunigung, entsprechende Kompetenz der Sachverständigen, faire Verfahren, ein geänderter regulatorischer Rahmen, intelligente Lösungen für den Stromverbrauch in Haushalten und nicht zuletzt Maßnahmen wie Quartierspeicher unumgänglich seien.