Über 20.000 TeilnehmerInnen waren gekommen. Das Motto der Internationalen Gedenk- und Befreiungsfeier im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen lautete: „Gemeinsam für ein NIEMALS WIEDER.“

Vor der gesamten österreichischen Staatsspitze wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger gedachte man der Opfer des Hitlerregimes. Auch internationale Vertreter hatten Platz genommen, allen voran der spanische König Felipe VI. mit seiner Ehefrau Königin Letizia.

Die österreichische Staatsspitze mit Alt-Bundespräsident Dr. Heinz Fischer mit Ehefrau Margit Foto: © FMZ

Unzählige Opfergruppen, Überlebende und internationale Delegationen nahmen am Gedenkzug teil. In alphabetischer Reihenfolge marschierten die TeilnehmerInnen ein, um das Vermächtnis der Opfer weiterzutragen. Zwischen „Lettland“ und „Litauen“ reihte sich der Verein „Lila Winkel“ ein. Der „Lila Winkel“ kennzeichnete die Mitglieder der Bibelforscher, wie Zeugen Jehovas damals noch immer genannt wurden, obwohl die Glaubensgemeinschaft bereits 1931 den neuen Namen „Jehovas Zeugen“ annahm.

Die rund 100 Teilnehmer der Zeugen Jehovas waren leicht erkennbar – sie trugen „lila.“ Mit Schals, Krawatten, Ansteckern oder Schirmen machte die Glaubensgemeinschaft auf sich aufmerksam. Einige hielten „lila Winkeln“ in die Höhe, auf denen jeweils der Name eines Opfers in weißer Schrift stand. Jugendliche trugen einen circa 5 Meter langen Banner mit der Aufschrift: „Widerstand durch Glauben – Gedenken an die Opfer der ‚Bibelforscher‘ (Zeugen Jehovas).“ An den vier Flanken waren 84 Namen gedruckt, die sich geweigert hatten, die Vernichtungsmaschinerie Hitlers zu unterstützen.

Rund 100 TeilnehmerInnen der Zeugen Jehovas trugen „lila“ Foto: © FMZ

Diese neutrale Haltung führte dazu, dass Jehovas Zeugen unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung 1933 zu den ersten gehörten, die in die Konzentrationslager der Nazis verbannt wurden. Von den rund 800 Zeugen Jehovas, die 1938 in Österreich lebten, wurden 80 Prozent von den Nationalsozialisten verfolgt. 154 wurden getötet, weil sie sich weigerten, das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ zu brechen.

Mauthausen war eines der brutalsten Lager und wurde als Lager der Kategorie III eingestuft – was bedeutete, dass es für Häftlinge gedacht war, die als „unverbesserlich“ galten; es war im Wesentlichen ein Ort der Vernichtung durch Arbeit, insbesondere in den Steinbrüchen. Anders als den meisten Gefangenen wurde den Zeugen Jehovas Freiheit versprochen, wenn sie eine Erklärung unterschrieben, in der sie sich von ihren religiösen Überzeugungen lossagten. Fast alle lehnten dies jedoch ab.

Das Ende des Krieges und die damit einhergehende Befreiung haben für Jehovas Zeugen eine besondere Bedeutung, denn Hitler schwor 1934: „Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden!“ Weil sie sich weigerten, den Hitlergruß zu zeigen oder ihrem Glauben abzuschwören, wurden sie misshandelt, inhaftiert und mit einem „Lila Winkel“ gekennzeichnet – die einzige christliche Gruppe mit einem eigenen Häftlingssymbol. Ihr stiller Widerstand beweist, dass christliche Überzeugung und moralische Integrität auch an Orten der Grausamkeit Bestand haben.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Kranzniederlegung Foto: © FMZ

Kontakt:
Franz Michael Zagler
Tel: 0676 637 84 96
E-Mail: fm.zagler@outlook.com

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