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AUTOTEST. Maserati Grecale Folgore

Seit der Gründung Maseratis im Jahre 1914 produziert der Traditions-Automobilhersteller edle, sportive Fahrzeuge mit ausschließlich leistungsfähigen Verbrennermotoren. Den Zeichen der Zeit folgend, hat die Marke in den letzten Jahren zunächst Mild-Hybrid sowie kürzlich auch vollelektrische Antriebe entwickelt und verstärkt in die Modellreihen eingeführt – mit dem Ziel bis 2030 ausschließlich E-Maseratis zu verkaufen. Um herauszufinden, wie gut ein Maserati und die Elektromobilität zusammenpassen, dürfen wir den neuen 410 kW/560 PS starken Maserati Grecale Folgore umfangreich testen.

Schon die erste Runduminspektion des 4,87 m Grecale Folgore erfüllt unsere sehr hohen Erwartungen – mit einem Maserati fährt man nicht vor, sondern erscheint! Denn auch die vollelektrische Version des Grecale trägt alle typischen Maserati-Designmerkmale, die das Automobil zu einem Fast-Kunstwerk machen. Seitlich sind es die drei berühmten und sogar beleuchteten Lufteinlässe, das 3-Zack Emblem im Heck und an der Front, die Maserati-Schriftzüge, die unverwechselbaren Rückleuchten in Bumerangform und viele weitere. Lediglich die fehlenden Auspuffendrohre mit der einher gehenden, geänderten Heckschürze, eigens designte 21 Zoll Aero-Räder oder der vorne leicht veränderte Kühlergrill outen den „Blitz“ als vollelektrischen Bruder innerhalb der Grecale-Verbrennerfamilie. Weitere Besonderheit des Folgore: viele erwähnte Details sind im kupferfarbenen Colorton „Rame Folgore“ ausgeführt.

Eingestiegen sitzen wir auf neu entwickelten, elektrisch verstellbaren 14-Wege-Sportsitzen – man riecht und sieht sofort die Exklusivität des Maserati. Die Platzverhältnisse sind vorne wie im Fond sehr luftig-großzügig, im Grecale gibt es nur feudale Logenplätze. Feinste Materialien wie regenerierte Nylonfaser ECONYL und Carbon sind mit hochwertiger Handwerkskunst auf höchstem Niveau verarbeitet, selbstverständlich werden dabei Nachhaltigkeit, moderne „Kreislaufwirtschaft“ etc. in hohem Maße berücksichtigt. Geschickt werden im Interieur High-Tech und Funktionalismus zusammengefügt, in der Mittelkonsole findet sich deshalb praktischerweise viel Platz für allerhand Utensilien oder Getränke. Vorm Fahrer präsentiert sich hingegen ein modernes Head-up Display und darunter ein digitales Cockpit, vielfach konfigurierbar zeigt es auf Wunsch auch Navigationskarten etc. an. Die Bedienung der mittig platzierten, digitalen Bildschirme wirkt nur auf den ersten Blick komplex, stellen sich aber nach ein paar Benutzerstunden als völlig leicht handelbar heraus. Die klare Gliederung und die exakte Bedienung gefallen dabei, jeder Tipp auf eine „Bildschirmtaste“ wird von einem dezent hörbaren „Druckpunkt“ quittiert. Überhaupt ist die Optik des Interieurs ein opulentes Schauspiel, gerade bei nächtlichen Ausfahrten flasht uns immer wieder dieses Farbenspiel von Ambientebeleuchtung, beleuchteten Armaturen und sonstiger Details. Die nunmehr natürlich digitale Maserati-Uhr am Armaturenbrett muss in diesem Kontext natürlich auch erwähnt werden. Weitere Highlights sind für uns etwa das Sonus-faber-Soundsystem, das versprochene „atemberaubende Klangerlebnis“ ist tatsächlich einzigartig, oder das elektrisch zu öffnende Panorama-Glasdach. Überhaupt besitzt der Grecale eine Vollausstattung mit Navigation, Sitzheizung/Kühlung etc., die Aufzählung der Features wäre fast endlos lang. Die elektrisch öffnende Heckklappe gibt den Blick auf ein doch recht üppig ausgefallenes Laderaumvolumen von 535 Litern frei, praktischerweise fehlt eine Ladekante und macht das Ein- und Ausladen easy. Und unter dem Ladeboden existiert ein eigenes Fach für Ladekabel & Co., allerdings muss auf einen Frunk vorne verzichtet werden.

Den Antrieb des Grecale Folgore – zu deutsch „Blitz“ – übernehmen zwei bärenstarke Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 410 kW/560 PS. Derart bewaffnet, legt der E-Maserati eine Dynamik an den Tag, als seien die 2.480 kg Eigengewicht leicht wie Bettfedern. Wer den Fahrmodus „Sport“ wählt und das rechte Pedal voll nach unten drückt, löst eine Beschleunigungseruption aus – kurz hebt sich der Bug und dann beamt sich der Grecale unter Zuhilfenahme des elektrischen Allradantriebs gnadenlos bissig bis zur Höchstgeschwindigkeit von abgeriegelten 220 km/h, mit einem Drehmoment von 820 Nm tatsächlich Schub ohne Ende! Tags darauf führen wir die Sprint-Standardmessungen auf regennasser Fahrbahn durch und rufen die gestoppten Performance- und Messdaten gleich direkt am Zentraldisplay ab. Unter diesen widrigsten Umständen stürmt der SUV in 4,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, am nächsten Tag wiederholen wir die „Übung“ im Trockenen und dann presst sich der Maserati in glatten 4 Sekunden(!) auf „den Hunderter“. Dabei haben die Techniker dem Grecale sogar einen Sound verpasst, die künstliche Klangkulisse erinnert im Innenraum ein wenig an den erst im Vorjahr getesteten Grecale GT.

Aber nicht nur längsdynamisch macht der Italiener seinem berühmten Namen alle Ehre, auch querdynamisch lässt sich das SUV extrem sportwagenhaft bewegen – vor allem dank der direkten Lenkung, der leichten Hecklastigkeit und dem tiefen Schwerpunkt. Ansonsten schwebt man im Grecale von Reiseziel zu Reiseziel, das Luftfahrwerk mit fünf verschiedenen Einstellungen samt adaptiver Dämpferregelung sorgt unter den Insassen für einen Langstreckenkomfort der Extraklasse. Dabei nicht zu vergessen: im Fahrmodus „Offroad“ hebt sich der Dreizack um 3 cm und macht den Sportwagen-SUV sogar für das „schwere“ Gelände salonfähig.

Bleibt noch die Frage nach dem Stromverbrauch: Vorweg, wir sind immer zu flott unterwegs, denn der Grecale Folgore verleitet uns extrem zum Schnellfahren. Die rund 500 Kilometer Reichweiten-Werksangaben von Maserati können wir im Zuge der Testfahrten nicht erreichen, nach etwa 370 bis 420 Kilometer werden wir höflich zum Nachladen aufgefordert. Unser ermittelter Testverbrauch pendelt sich somit zwischen 22,7 und 26,3 kWh auf 100 Kilometer auf durchaus „verständlichem Niveau“ ein. Wobei hier Einsparungspotential gegeben ist: etwas mehr Zurückhaltung im Umgang mit den 560 PS würde den Stromverbrauch sicher um das eine oder andere Kilowatt pro 100 Kilometer nach unten drücken.

Die Ladeleistung des Maserati Grecale liegt aktuell bei 150 kW, die Ingenieure stellen aber ein baldiges Update bezüglich einer Erhöhung in Aussicht. Das „Betanken“ der netto 96 kW Batterie von 10 auf 80 Prozent benötigt somit rund 30 Minuten. Drei-phasiges Laden funktioniert sowieso mit bis zu 22 kW am obersten möglichen Limit.

Fazit: Der Maserati Grecale Folgore ist aktuell eines der faszinierendsten Elektrofahrzeuge überhaupt – das SUV definiert für uns die Elektromobiltät fast neu. Der Dreizack vereint seine berühmten sportlichen Gene, die stilvolle Präsenz und luxuriöse Vollausstattung mit modernstem E-Power Antrieb. Mit einem Maserati Grecale Folgore ab 127.746 Euro zu erscheinen ist ein unvergleichliches Vergnügen, dieses Charisma kann auch die deutsche Premium Sportwagen-Konkurrenz nicht bieten.

Fotos: © slz

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