AUTOTEST. Ford Mustang Dark Horse 5,0 l

Obwohl parallel der neue Supersportler Mustang GTD bereits medial für riesiges Aufsehen sorgt, wollen wir uns einmal ausgiebig dem aktuellen Straßen-Topmodell der Mustang-Baureihe widmen. „Ring frei“ für einen amerikanischen V8-Boliden, der mit Sound, Kraft und Charakter so ziemlich alles in Frage stellt, was derzeit sonst so im sportlichen Segment herumrollt – dem Ford Mustang Dark Horse. Was folgt, ist unsere emotionale Eintragung ins Autotest-Logbuch.

Die technischen Eckdaten des Dark Horse versprechen bereits auf dem Papier pure Muskelkraft: 5,0 Liter Hubraum, ein frei saugender V8-Motor mit 453 PS (334 kW) bei 7.250 U/min und satte 540 Nm Drehmoment bei 5.000 Touren. Unser Testwagen ist in „düsterem“ Ember Blue Metallic lackiert – eine spannende Lackierung die je nach Aufsicht in verschiedenen Grün, Blau, Violett bis Schwarz-Tönen schimmert und zur dunklen Aura dieses Pferdes perfekt passt. Die markante Front mit geschwärztem Kühlergrill, Lufteinlässen und schmalen LED-Scheinwerfern verleiht dem Dark Horse einen aggressiven Auftritt. Das optional montierte Dark Horse Styling-Paket erzielt die gewünschte optische Wirkung. Der Diffusor samt 4-Rohr-Auspuffanlage am Heck weist bereits auf die Kampfansage an die Sinne hin – das hier ist kein Leisetreter.

Auch die Proportionen sind ganz klassisch Mustang: lang gezogene Motorhaube, kurz gehaltenes Heck, muskulöse Kotflügel und breite Spur. Die 19-Zoll-Leichtmetallfelgen mit Mischbereifung (vorne 255er, hinten 275er) sorgen nicht nur für optische Präsenz, sondern auch für Grip in Grenzbereichen. Ergänzt wird das Gesamtbild durch dezente Dark Horse-Logos und schwarze Akzente, die das Auto von seinen zivileren GT-Brüdern unterscheiden.
Im Innenraum erwartet uns ein Mix aus moderner Technik mit üppiger Serienausstattung und klassischer Mustang-Rohheit. Die Recaro-Sportsitze passen wie ein Maßanzug und bieten auch in schnell gefahrenen Kurven hervorragenden Halt. Die Materialien sind deutlich wertiger als noch im Vorgänger, auch wenn hier und da noch hartes Plastik dominiert. Das volldigitale Kombiinstrument mit 12,4 Zoll Display lässt sich individuell konfigurieren, ebenso wie der zentrale Touchscreen im Querformat mit 13,2 Zoll Diagonale, inlusive Navigation. Apple CarPlay und Android Auto funktionieren kabellos, das Bang & Olufsen-Soundsystem (1.000 Watt) ist serienmäßig – wird aber, so ehrlich muss man sein, nur selten genutzt. Denn der eigentliche Klangteppich kommt nicht aus den Lautsprechern, sondern aus dem Auspuff.

Noch vor dem ersten Losfahren empfiehlt sich – wie immer- ein kurzes Gespräch mit den Nachbarn – denn was beim morgendlichen Kaltstart aus den vier Endrohren dröhnt, ist mehr als nur ein Geräusch. Es ist ein Ereignis. Ein kurzer Druck auf den Startknopf genügt, und der 5,0 Liter große V8 erwacht mit einem tiefen, kehlig-dumpfen Grollen zum Leben. Selbst im „Normal“-Modus ist der Sound eindrucksvoll, im Track-Modus wird’s dann richtig ernst: Der Auspuff öffnet komplett, die Elektronik gibt nur mehr das Nötigste vor – die Klangkulisse ist brachial, bassig, laut und gänzlich unvernünftig. So wie man sich das bei einem echten Muscle Car eben erwartet.

Dank der serienmäßigen 10-Gang-Automatik geht es druckvoll zur Sache. Die Schaltvorgänge erfolgen blitzschnell und ohne Zugkraftunterbrechung, Kickdown-Aktionen werden spontan und mit Nachdruck umgesetzt. In Kombination mit dem fein abgestimmten MagneRide-Fahrwerk und dem Torsen-Sperrdifferenzial zeigt der Mustang Dark Horse eine unerwartet agile Seite. Das Fahrverhalten ist straff, aber nicht unkomfortabel. Besonders in den Sport- und Track-Modi entfaltet der Mustang sein volles Potenzial – hier fühlt sich das große Coupé deutlich leichter an, als es ist. Der Sprint auf Tempo 100 gelingt in 4,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 260 km/h, real wären aber je nach Übersetzung auch 280 km/h drin.

Die Leistungsentfaltung ist klassisch V8: linear, kraftvoll, drehfreudig. Ab etwa 4.500 U/min wird es dramatisch, ab 6.000 U/min kämpft man mit dem Adrenalin. Die Gasannahme ist präzise, die Lenkung angenehm direkt. Wer es darauf anlegt, kann auch kontrollierte Drifts provozieren – der Mustang bleibt dabei gut beherrschbar, sofern man kein völliger Fahr-Anfänger ist.

Trotz aller Sportlichkeit zeigt sich der Dark Horse auf längeren Autobahnetappen erstaunlich alltagstauglich. Das adaptive Fahrwerk bügelt auch schlechte Beläge souverän weg, die Sitze bieten Komfort auf Langstrecke, und das Raumangebot vorne ist großzügig. Hinten wird es enger, aber zumindest Kinder oder kleine Erwachsene finden Platz. Überraschend groß: der Kofferraum fasst 381 Liter – das reicht für Wochenendgepäck oder den Wocheneinkauf.

Beim Verbrauch zeigt sich der Dark Horse – je nach Fahrweise – recht diszipliniert. Wer den V8 nicht ständig am Drehzahllimit bewegt, kommt mit rund 12,5 Litern im Schnitt aus. Wer allerdings das volle Sound- und Leistungsprogramm abruft, sollte eher mit 13 bis 15 Litern rechnen. Der WLTP-Wert liegt bei 12,4 Litern – in der Realität also eine durchaus realistische Angabe.

Fazit: Der Ford Mustang Dark Horse ist mehr als nur ein Nachfolger des Mach 1 – er ist eine Weiterentwicklung mit echtem Charakter. Er klingt wie ein Orkan, fährt sich wie ein klassischer Sportwagen mit modernen Genen und sieht aus wie das, was er ist: ein Statement gegen die zunehmende Technisierung des Automobilmarkts. Mit einem Einstiegspreis von knapp über 105.000 Euro in Österreich ist er sicher kein Schnäppchen – aber für das Gebotene auch nicht überteuert. Für uns ganz klar: Der Mustang lebt, mehr denn je – und in dieser Form ist er eine der letzten echten V8-Ikonen im neuen Zeitalter.

Foto: © slz

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