Entstehungsgeschichte des Scheibbser Dreikönigritts
Nach ihrer Rückkehr aus dem 2. Weltkrieg, merkten die Brüder Wilhelm und Josef Beer aus Scheibbs, dass zu dieser Zeit in ihrer Heimat nicht viel los war. So wälzten sie im Sommer 1946 beim Holzschneiden in ihrem Garten, Pläne zur kulturellen Belebung der Stadt. Aus den vielen Überlegungen und Ideen entstanden zwei konkrete Projekte: Die Gründung von Theatergruppen (jeder Bruder gründete seine eigene) und der Dreikönigsritt.
In wochenlangen Diskussionen wurde von den beiden der Ablauf im Detail erarbeitet, gewissenhaft vorbereitet und dann auch im Jahr 1947 erstmals selbst organisiert. Bis auf kleine Änderungen wurde das Procedere bis heute beibehalten.
Ein Freund der Brüder – Herr Alois Krenn sen. – wurde eingeladen mitzureiten und komplettierte das Trio. Einige Jahre später beendeten die Initiatoren und „Erfinder“ dieses Events ihre aktive Mitarbeit und Alois Krenn übernahm mit seinen Brüdern Hans und August die Fortführung. Im Laufe der Jahre wurde der Dreikönigsritt immer bekannter und Leute kamen von weit her um dieses Ereignis mitzuerleben. Mittlerweile führen die Söhne Alois, Andreas und Klemens Krenn die langjährige Tradition fort.
Die Geschichte des Dreikönigliedes „Mia san de drei König….“
Bei den Vorbereitungen zum Dreikönigsritt stellte sich den Brüdern Beer natürlich die Frage, welches Lied die Könige singen sollten. Dreikönigslieder gibt es ja viele, allerdings wollten die Initiatoren den Scheibbsern etwas Neues, in der Region bisher weitgehend Unbekanntes darbieten. Sie erinnerten sich an ein Lied, welches sie in ihrer Volksschulzeit in Pöchlarn mit ihrem Lehrer gesungen hatten. Das war aber schon lange her, sodass die Erinnerung an Text und Melodie kaum mehr vorhanden war.
Also fuhren die Brüder mit der Bahn nach Pöchlarn, um ihren Lehrer zu befragen bzw. nach Unterlagen zu suchen. Der mittlerweile sehr betagte Lehrer konnte aber mit seinen Erinnerungen auch nicht entscheidend weiterhelfen und Unterlagen zu Text und Melodie waren nicht vorhanden. So blieb den Beer-Brüdern nichts anderes übrig, als in der Erinnerung vorhandene Melodie- und Textstellen durch Eigenes zu ergänzen. Diese 1947 beim Scheibbser Dreikönigsritt erstmals dargebotene – und bis heute gesungene Version – wurde 1972 von Prof. Walter Deutsch niedergeschrieben und im Verzeichnis des Niederösterreichischen Volksliedwerks eingetragen.
Dass es überhaupt noch Erinnerungen an Melodie und Textstellen gab, ist einem Zufall zu verdanken. Wilhelm Beer diente im zweiten Weltkrieg als Matrose auf einem Kriegsschiff. Um bei den zu leistenden Wachdiensten im „Ausguck“ nachts nicht einzuschlafen, sang er Lieder. Die wiederum gefielen seinem Kapitän so gut, dass er den Matrosen Beer des Öfteren zu sich rief um sich Lieder vorsingen zu lassen. Und, er bestand auf immer neue Lieder. So versuchte Wilhelm Beer das Lied „Mia san de drei König…“ mit eigenen Textzeilen zu ergänzen und dadurch blieb es weitgehend in seiner Erinnerung.
Der Dreikönigsritt zur mechanischen Krippe in der Stadtpfarrkirche
Der Dreikönigszug besteht heute aus einem Sternträger, zwei Fanfarenbläsern, Gabenträgern, den drei Königen Kaspar, Melchior und Balthasar, Pferdeführern (die waren beim ersten Ritt nicht dabei) sowie als Hirten verkleidete Kinder und führt jedes Jahr am 06. Jänner um 17 Uhr von der Klosterkirche durch die Altstadt zur kostbaren mechanischen Krippe in der Stadtpfarrkirche. An fünf „Stationen“ stoppt der Zug und nach Fanfarenklängen singen die Könige das Lied „Mia san de drei König aus dem Morgenland“. Bei der Stadtpfarrkirche angekommen ziehen die Könige und ihre Gefolgschaft in die Kirche ein und knien bei der Krippe nieder. Dort wird von ihnen das Lied „Schlaf wohl….“ gesungen.
Kinder begleiten den Ritt als Hirten
Kinder sind eingeladen den Ritt als verkleidete Hirten zu begleiten – Treffpunkt ist alljährlich um 16.30 Uhr bei der Sportmittelschule Scheibbs.
Die mechanische Krippe in der Stadtpfarrkirche
Von Weihnachten bis Maria Lichtmess zieht es die Besucher der Stadtpfarrkirche vor allem zur kostbaren mechanischen Krippe hin, die in einer Seitenkapelle aufgestellt ist. Sie wurde 1864 von einem Kapuzinermönch angefertigt. Von ihren 50 Figuren sind zehn beweglich. Das Werk wird mit einer großen Eisenkurbel aufgezogen, danach ertönt ein Glockenspiel und religiöse sowie weltliche Szenen wechseln in bunter Reihenfolge.
Die Scheibbser Stadtpfarrkirche
Der Rathausplatz im Zentrum der Stadt wird vom fast 60m hohen Turm der Stadtpfarrkirche überragt. Wegen seiner Größe trägt das der heiligen Maria Magdalena geweihte Gotteshaus auch die Bezeichnung „Dom der Erlauftales“. Im Inneren der Kirche dominiert die Architektur der Spätgotik.
Die Kapuzinerkrippe in der Klosterkirche
Eine wahre Rarität ist in der Weihnachtszeit in der Klosterkirche in Scheibbs zu bestaunen. Die Kapuzinerkrippe vom gebürtigen Scheibbser Bildhauer Josef Schagerl (1872 – 1953) besticht durch die geschnitzten Figuren in Lebensgröße. Schagerl lebte nach seinen Lehr- und Wanderjahren ab 1893 in Peutenburg. Er schuf neben vielen kleineren Krippen für Pfarren und Privathäuser zwei große Altarkrippen, eine für die Lazaristenkirche in Wien (1916) und eine für die Kapuzinerkiche in Scheibbs.
Die Entstehung dieser Krippe beschreibt sein Sohn, akad. Bildhauer Prof. Josef Schagerl im Band VII der Bezirksheimatkunde Scheibbs (Anm.: Der vergriffene Band ist im Keramikmuseum Scheibbs erhältlich.). Hans Hagen Hottenroth erinnert sich: „Bei meiner großen Adventausstellung im Arbeiterkammersaal im Jahre 1967 stellte ich fest, dass die Figuren wegen jahrzehntelanger unsachgemäßer bzw. feuchter Lagerung am Zerfallen waren. Der Hausmeister der AK Scheibbs, Herr Lichtenschopf, der ein gelernter Tischler war, reparierte die Figuren provisorisch. Später haben dann der Quardian des Klosters Pater Heribert und ich über eine Spendenaktion (Erlaftal-Bote und Familie Radinger) 35.000 Schilling für eine professionelle Restaurierung aufgetrieben.“
Scheibbser Dreikönigsritt erhielt Kulturpreis 2015
Der Scheibbser Kulturpreis wird seit 1995 an Kulturschaffende in den Bereichen Bildende Kunst, Literatur/Theater, Musik und Wissenschaft vergeben. Im Jahr 2015 wurde der Kulturpreis an den Scheibbser Dreikönigsritt – im speziellen an Alois Krenn sen., Alois Krenn jun., Andreas und Klemens Krenn, posthum an August und Hans Krenn für die Erhaltung dieser Volkskulturellen Besonderheit vergeben.
Genuss-Tipp
Zur süßen Abrundung eines Scheibbs-Ausfluges empfiehlt sich ein Abstecher in die Konditorei Reschinsky, wo nach mehr als hundertjähriger Tradition verschiedene Köstlichkeiten, wie zum Beispiel die weithin bekannten Scheibbser Kugeln erzeugt werden.