Schmuckenschlager: Praxistaugliche EU-Vorgaben, Schutz vor Marktungleichgewichten und Bewässerung müssen Priorität haben
Am Montag, 8. Juli, tagte die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich in der LK-Technik Mold. Eines hat sich im Zuge der Tagung herauskristallisiert: Für viele Herausforderungen ist es gelungen, Antworten zu finden. Dazu zählen etwa die Entlastung beim Agrardiesel oder die Novelle zur Ammoniak-Reduktionsverordnung. „In Österreich haben wir für unsere Anliegen mehr Verständnis gefunden und Probleme gemeinsam mit der Bundes- und Landesregierung in harter Arbeit lösen können, als dies in vergleichbaren anderen Mitgliedstaaten der Fall war“, erklärt Landwirtschaftskammer Niederösterreich-Präsident Johannes Schmuckenschlager und sagt weiter: „Um unsere bäuerliche nachhaltige Land- und Forstwirtschaft zu erhalten, ist die Unterstützung und das Verständnis für unsere Anliegen auf allen Ebenen unabdingbar.“ Dies müsse auch auf EU-Ebene gelten, insbesondere was die Praxistauglichkeit von Beschlüssen betrifft, fordert die Vollversammlung. Weitere Themen waren der Schutz vor Marktungleichgewichten sowie der dringende Bedarf einer entsprechenden Bewässerungsinfrastruktur in Niederösterreich.
Entscheidungen der EU wie das kürzlich beschlossene EU-Renaturierungsgesetz oder die EU-Entwaldungsverordnung haben vor allem ein großes Manko: Wie die Umsetzung dieser Vorgaben aussehen soll, wurde bei der Abstimmung nicht berücksichtigt. Schmuckenschlager sagt ganz klar: „Die EU muss bei ihren Beschlüssen auch die Umsetzung im Auge haben. Denn diese ist genau jener Punkt, der letztendlich für die Betroffenen relevant ist. Oft stehen reine Ideologien und dadurch eine gewisse Willkür bei Beschlüssen im Vordergrund. Das ist definitiv der falsche Weg.“ Zudem erwartet der Kammerpräsident, dass eine entsprechende Vorarbeit nicht ignoriert wird: „Damit meine ich die Vorarbeit, die etwa die Länder wie auch wir als Landwirtschaftskammer leisten. In der Vollversammlung diskutieren wir unsere Anliegen, definieren einen gemeinsamen Nenner und erörtern Lösungswege, wie sie in der Praxis umsetzbar sind. Das muss auch für Abstimmungen auf EU-Ebene Gehör finden.“ Das betrifft genauso die Zustimmung von Bundesministerin Leonore Gewessler zum EU-Renaturierungsgesetz. Sie hat sich damit gegen die heimischen Bäuerinnen und Bauern und gegen die Bundesländer gestellt und gefährdet damit eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln und Rohstoffen in unserem Land.
EU-Entwaldungsverordnung: Bürokratische Hürden ohne Mehrwert
Die EU-Entwaldungsverordnung sieht ab 1. Jänner 2025 vor, dass für jedes Stück Holz, jedes Rind und jedes Kilogramm Soja noch vor Inverkehrbringen in der EU nachgewiesen werden muss, dass es entwaldungsfrei produziert wurde. Denn, vor allem im globalen Süden führt die Entwaldung zur Zerstörung der Wälder und gefährdet die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung. Die Kritik seitens der österreichischen Agrarvertreter an der EU-Entwaldungsverordnung betrifft somit nicht ihre Zielsetzung, sondern ihre Umsetzung. Die Forderungen der Verordnung gelten nämlich auch für Länder, die grundlegend kein Problem mit illegaler Entwaldung aufweisen und führen zu einem enormen bürokratischen Zusatzaufwand ohne einen Mehrwert zu generieren. ‚‚Unser Wald ist eine wichtige Ressource und wertvoller Lebensraum, doch die EU-Entwaldungsverordnung bedroht unsere nachhaltige Forstwirtschaft. Denn sie würde letztendlich das Gegenteil von dem bewirken, was man eigentlich erzielen möchte, nämlich den Schutz der Wälder. Selbstverständlich begrüßen wir das Ziel, die Regenwaldzerstörung einzudämmen. Illegale Entwaldung in anderen Teilen der Welt darf aber nicht als Vorwand dienen, um unsere heimischen Waldbesitzer mit überzogenen bürokratischen Hürden zu belasten. Wir brauchen eine europäische Politik, die praxistauglich ist und den Waldbesitzern hilft, ihre Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und zu pflegen“, erklärt Schmuckenschlager.
Wettbewerbsdruck durch Importe belastet europäische Agrarmärkte
Die vergangenen Monate haben die wirtschaftlichen Schwierigkeiten verdeutlicht, die durch verstärkte Importe von Agrarprodukten in den europäischen Markt und sinkende Erzeugerpreise für unsere Landwirte entstehen. Der immense Druck auf die europäischen Agrarmärkte wird auch durch die schnelle Umsetzung neuer Handelsbeschränkungen für ukrainische Importe wie Hafer, Eier und Zucker ersichtlich. Die europäischen und noch mehr die österreichischen Bäuerinnen und Bauern erfüllen in vielen Bereichen, wie etwa beim Pflanzenschutz, deutlich höhere Produktionsstandards als in anderen Ländern, stehen am Markt aber in hartem Wettbewerb mit Importwaren. Um die heimische Land- und Forstwirtschaft zu erhalten und langfristige Versorgungssicherheit zu garantieren, ist ein Schutz vor Marktungleichgewichten notwendig. Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich lehnt das Mercosur-Abkommen in jetziger Form daher entschieden ab. „Handelsabkommen sind für ein Exportland wie Österreich grundsätzlich wichtig, dennoch müssen sie nachhaltig gestaltet sein und faire Bedingungen für unsere Bäuerinnen und Bauern sichern“, betont Schmuckenschlager. Als ein Schlüsselinstrument sieht der Präsident in diesem Zusammenhang das neue AMA-Gütesiegel für Getreide, das für die Ernte 2024 bereits gilt.
Sicherung der Lebensmittelproduktion durch erweiterte Bewässerungsinfrastruktur
Durch die Veränderung des Klimas gewinnt das Thema Wasser immer mehr an Bedeutung. Es wird künftig vermehrt notwendig sein, einerseits Wasser in den Regionen zu halten und andererseits die Möglichkeit für Bewässerung zu schaffen, fordert Schmuckenschlager: „Der Ausbau der Bewässerungsinfrastruktur ist zur Absicherung der landwirtschaftlichen Produktion unbedingt notwendig. Die Versorgungssicherheit mit ausreichenden Lebensmittel aus heimischer Produktion in entsprechender Qualität steht auf dem Spiel.“ Eine wichtige Basis sind entsprechende Rechtsmaterien, die neben der Bewässerung aus Grundwasser auch die Entnahme von Oberflächenwasser für bestimmte Regionen ermöglichen, um gerade sensiblere Grundwasserkörper zu schützen. Für die weitere Umsetzung von überregionalen Wasserversorgungssystemen muss darauf folgend eine Planungsinfrastruktur aufgebaut werden, um derartige Projekte umsetzen zu können. Diese Systeme sind nicht nur ein entscheidender Schritt zur Sicherung unserer Wasserversorgung und zur Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen, sondern verfolgen auch das Ziel, unsere Lebensqualität zu gewährleisten.