Unter den fast 190.000 Menschen, die von 1938 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Mauthausen inhaftiert waren, befand sich eine weniger bekannte christliche Gruppe: Jehovas Zeugen. Durch ihren stillen Widerstand weigerten sie sich, die Nazi-Kriegsmaschinerie zu unterstützen.

Gedenktafel in Mauthausen Foto: © FMZ

Mauthausen. Unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung 1933 gehörten Zeugen Jehovas zu den ersten, die in die Konzentrationslager der Nazis verbannt wurden. Von den rund 800 Zeugen Jehovas, die 1938 in Österreich lebten, wurden 80 Prozent von den Nationalsozialisten verfolgt. 154 wurden getötet, weil sie sich weigerten, das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ zu brechen. Jehovas Zeugen gelten als die einzige Religionsgemeinschaft, die als Ganzes vom NS-Regime verfolgt wurde.

Mauthausen war eines der brutalsten Lager und wurde als Lager der Kategorie III eingestuft – was bedeutete, dass es für Häftlinge gedacht war, die als „unverbesserlich“ galten; es war im Wesentlichen ein Ort der Vernichtung durch Arbeit, insbesondere in den Steinbrüchen.

Anders als den meisten Gefangenen wurde den Zeugen Jehovas Freiheit versprochen, wenn sie eine Erklärung unterschrieben, in der sie sich von ihren religiösen Überzeugungen lossagten. Fast alle lehnten dies jedoch ab.

Unter den Überlebenden und Befreiten der Zeugen Jehovas befanden sich auch Alois und Maria Moser aus Braunau. Beide wurden am 4. April 1939 von der Gestapo verhaftet. Alois überlebte schließlich sechs verschiedene Konzentrationslager, darunter Mauthausen und Gusen in den Jahren 1939 bis 1945.

Alois‘ Frau Maria überlebte Ravensbrück, Auschwitz und den berüchtigten Todesmarsch. Seit 2021 ist Marias Lebensgeschichte ein Beispiel für den Widerstand der Opfergruppe mit dem „Lila Winkel“ in der neuen österreichischen Landesausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau.

Vor und während des Krieges blieben Zeugen Jehovas friedlich politisch neutral und weigerten sich, zum Militär zu gehen, an den Wahlen teilzunehmen, den Hitlergruß zu zeigen und sich in Nazi-Organisationen wie der NSDAP, dem Bund Deutscher Mädchen und der Hitlerjugend zu integrieren.

Das Ende des Krieges und die damit einhergehende Befreiung haben für Jehovas Zeugen eine besondere Bedeutung, denn Hitler schwor 1934: „Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden!“ Weil sie sich weigerten, den Hitlergruß zu zeigen oder ihrem Glauben abzuschwören, wurden sie misshandelt, inhaftiert und mit einem „Lila Winkel“ gekennzeichnet – die einzige christliche Gruppe mit einem eigenen Häftlingssymbol. Ihr stiller Widerstand beweist, dass christliche Überzeugung und moralische Integrität auch an Orten der Grausamkeit Bestand haben.

Anzeige